Auf der Suche nach pädagogisch sinnvoller Duo-Literatur findet man für gewöhnlich immer nur die gleichen Werke, die Meilensteine des Erlernten kennzeichnen. Dabei ist das Feld der Duos viel größer und deren pädagogischer Nutzen noch nicht ausgeschöpft!
Kammermusik ist die Sammelbezeichnung für weltliche Musik, die für kleine bis mittelgroße Räume ausgelegt ist. Duos sind folglich die kleinste Form der Kammermusik, deren Bezeichnung auf die Anzahl der gleichberechtigten Stimmen beruht. (Begleitstimmen dürfen, müssen aber nicht mitgezählt werden.)
Im Folgenden ein paar Reflektionen zu zwei Aspekten der Kammermusik im Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler des 19. Jahrhunderts: Die Wirkung der kompositionstechnischen Abgrenzung von Duos zu Großwerken und die Entwicklung der artifiziellen Züge in Duos. „Charakteristisch für den Kammermusik-Stil sind das Streben nach Gleichrangigkeit der Stimmen und die durchbrochene Arbeit“ (Riemann, Bd. 2, 271) Mit „durchbrochener Arbeit“ ist dabei die „Verteilung der fortlaufenden Motive einer Melodie auf mehrere Stimmen des Satzes“ (Riemann, Bd. 1, S. 349) gemeint. Im Zusammenspiel mit dem Lehrer wertet diese Kompositionstechnik den Schüler gegenüber dem Zuhörer auf („Der Schüler ist auf dem gleichen Niveau wie der Lehrer“), außerdem erfährt der Schüler die Anerkennung des Lehrers („Der Lehrer spielt mit ihm“) und spürt gleichzeitig selbst seinen Lernerfolg („Er schafft auch schwierige Passagen“). Dem Lehrer bietet sich die Möglichkeit den Schülererfolg zu kontrollieren („Verspielt er sich?“), gleichzeitig kann er zwanglos neue Lerninhalte vermitteln („Wo sind die Grenzen des Gelernten?“) und präsentiert sich dem Zuhörer als erfolgreicher Pädagoge („Lehr-Erfolg“).
Wie bei aller Kammermusik werden ganz nebenbei Zusammenspiel trainiert und unterschiedliche Interpretationssichtweisen sowohl von Schüler als auch vom Lehrer erarbeitet.
Das 19. Jahrhundert kennt vorwiegend Violin-Duos für zwei Violinen, und es ist bekannt, dass oft bekannte Großwerke als Duo bearbeitet wurde. Wie heute waren natürlich populäre Melodien zum Nachspielen bei Schülern begehrt und waren für den Lehrer eine Möglichkeit, Lerninhalte erst zu üben, dann zu vertiefen und schließlich zu präsentieren. Ein anderer Grund war sicherlich auch der solistische Charakter von Duos im Zusammenhang mit den virtuosen Möglichkeiten der Violine. Diese erlaubten große Auftritte in kleinem Rahmen, was gerade für die wachsende Mittelschicht von Interesse war.
Diese Tradition findet man heute noch in Musikschulen. Viele Lehrer lassen Schüler zusammen bekannte Duos präsentieren. Das wirklich spannende für ein Publikum sind jedoch die seltenen und herausragenden Duos wie sie die Edition Lysiane bereitstellt. Hören Sie das Arpeggio für Violine und Viola von Alessandro Rolla.
Die Noten sind bei der Edition Lysiane erhältlich. Nehmen Sie Kontakt auf!